Vorschulaktivitäten

Wie sieht „Vorschule“ im Waldorfkindergarten eigentlich aus? Diese Frage kommt seit Erscheinen der PISA-Studie häufig auf uns Erzieher zu.

Neue Rechte und Pflichten

Ab Mitte September, wenn das Kindergartenjahr wieder angefangen hat, ändern sich auch die sozialen Strukturen der Gruppe. Diejenigen, die im Vorjahr noch die „Mitte“ waren, zählen nun zu den „Großen“ (sie warteten schon sehnsüchtig darauf). Am Anfang haben sie noch Probleme mit der neuen Stellung, bringt sie neben Rechten auch Pflichten mit sich. Zur obersten Pflicht gehört es bei uns, zeitig am Morgen da zu sein, um sich schon mal auf Pünktlichkeit in der Frühe einzustellen, bevor die Schule beginnt. Des Weiteren bekommt jeder der Vorschulkinder ein neues Kind zugeteilt, dem es beim Anziehen in der Anfangszeit helfen darf, bis dieses es selber kann. Die Kinder erleben dies als Privileg, genau so wie das tägliche Abzählen der benötigten Teller und Stühle, das Helfen-Dürfen beim Umräumen für die Eurythmie, wo wir alle Tische aus dem Raum tragen müssen.

Rechte hat man dann auch mehr, wenn man „endlich“ zu den Großen gehört. Im Sommer zum Beispiel darf man morgens mit den anderen Vorschulkindern allein im Garten spielen, während die anderen oben sind, man darf den Erwachsenen ganz viel helfen und Sachen machen, die man nicht durfte, als man „klein“ war, wie z. B. die Hauptrollen beim Weihnachtsspiel oder beim Dornröschenspiel zu übernehmen.

Grundsätzlich binden wir die Vorschulkinder mehr als die anderen Kinder in Tätigkeiten ein, ziehen sie öfters zu Aufgaben heran, um sie so an Verantwortung und Eigenständigkeit heran zu führen und um sie in ihrer Entwicklung zu fördern und zu fordern.

Ein wichtiges Thema ist bei uns der Webrahmen, der im Spätherbst hervorgeholt und bespannt wird und eine Arbeit der Großen ist. Ab diesem Zeitpunkt ist es dann so, dass die Kinder morgens, bevor sie ins Spiel gehen, „eine Farbe weben“, was ca. fünf Reihen sind. Die Farben suchen sie sich selber aus, lernen, die Wolle in das Öhr einzufädeln und arbeiten nach kurzer Zeit selbständig in einer kleinen Gruppe zusammen. Wir legen Wert darauf, dass die Kinder einander helfen und sich gegenseitig unterstützen, wenn es Probleme gibt.

Parallel dazu fertigen sich die Kinder ein Holzschwert an, das am Ende vergoldet wird. Bei dieser Arbeit ist viel Schweiß und Kraft gefragt, bis so eine rohe Dachlatte einem Schwert ähnelt! Das Schwert ist Sinnbild für Kraft und Mut und das Gold weist darauf hin, dass man es in Ehren halten und nicht zum Kämpfen benutzen darf. Es wird gesägt, geraspelt, gefeilt und geölt – die Kinder lernen den Umgang mit Werkzeug und dem Material Holz.

Ausflüge für die Großen

Als weiteres „Highlight“ gibt es einige Ausflüge, die die Großen ohne den Rest der Truppe unternehmen. Da gibt es einen Vormittag in einer Backstube, wir fahren auf einen Ziegenhof, verbringen einige Stunden beim Filzen in einer richtigen Filzwerkstatt und wandern mit dem Förster durch den Wald, um Dachsbauten, seltene Pflanzen und das Vermessen einer Tanne zu erleben. Hier sind unsere Vorschul-Eltern sehr aktiv und begleiten diese Ausflüge, die für die Kinder immer ein Erlebnis sind.